Sport mit dem Kunstgelenk

Sport mit dem Kunstgelenk

Willibrord-Spital-EPZ-Sportgruppe

Die steigende Lebenserwartung und die wachsende Zahl implantierter künstlicher Gelenke bei jüngeren Menschen führt bei gleichzeitig zunehmendem Aktivitätswunsch der älteren Patienten dazu, dass die Frage nach der sportlichen Belastbarkeit der Implantate häufiger gestellt wird. War früher der Hauptanspruch an eine Hüft- oder Knie-Endoprothese ein Leben ohne Schmerzen, rückt heute das Bedürfnis, sich mit Endoprothese wieder sportlich zu betätigen, immer mehr in den Vordergrund.

Die Angst vor übermäßigem Abrieb und Verschleiß des künstlichen Gelenkes ist nicht generell begründet. Zwar ist die Datenlage zur tatsächlichen Belastbarkeit der Endoprothesen begrenzt, dennoch zeigen einige Untersuchungen, dass sich die Lebensdauer der Kunstgelenke durch regelmäßige und moderat betriebene sportliche Aktivitäten sogar verlängern lässt. Nur in seltenen Fällen mit übermäßigen Belastungen kommt es zum Versagen des Implantates. Entscheidend ist, die passende Sportart zu wählen und moderat zu trainieren.

Die Rehabilitation beginnt bereits im Krankenhaus

Die Grundlagen müssen nach der Operation bereits in der Klinik geschaffen werden. In den ersten Tagen stehen Schmerztherapie, Wundüberwachung, Laborkontrollen, Lymphdrainagen und eine krankengymnastische Frühmobilisierung im Vordergrund. Am Ende der zweiten Woche nach der OP beginnen die meisten Patienten mit einer ambulanten oder stationären dreiwöchigen Rehabilitationsmaßnahme. Als entscheidend förderlich ist der möglichst frühzeitige Beginn und das spätere Fortsetzen der Medizinischen Trainingstherapie (MTT) anzusehen. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine deutlich bessere Kraftentwicklung schon nach kurzer Zeit bei so behandelten Patienten gegeben ist.

Grundvoraussetzung zur Sportfähigkeit stellt die stabile Verankerung des Implantats dar; weder prothesenbedingte Belastungs- noch Ruheschmerzen dürfen wahrnehmbar sein. Die Operation sollte mindestens sechs Monate zurückliegen, damit sich auch eine ausreichende muskuläre Führung und Stabilität der Bänder hat entwickeln können. Der Patient sollte gehen können, ohne zu hinken, und die Röntgenaufnahme muss ebenfalls regelhafte Verhältnisse ohne Lockerungszeichen bestätigen. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt oder ist der Patient deutlich übergewichtig (BMI>29,5), kann Sport nicht ohne Bedenken empfohlen werden.

Um die Endoprothese in Verankerung und Funktion nicht über Gebühr zu belasten, sind ruhige und kontrollierte Bewegungsabläufe und statische Übungen den dynamischen Bewegungsabläufen vorzuziehen. Generell sollten abrupte Drehbewegungen, das Scheren oder Kreuzen der Beine sowie Sprung- und Ballsportarten vermieden werden.

Schwimmen, Wandern, Radfahren gut geeignet

Dennoch bleiben eine Reihe besonders geeigneter Sportarten für einen Endoprothesenträger. Das Schwimmen schont die Gelenke besonders durch den Auftrieb im Wasser. Es werden Ausdauer, Muskelkraft, Koordination und Elastizität verbessert. Der Kraulbeinschlag ist zu bevorzugen, und als eine Variante kann das Aquajogging empfohlen werden.  

Das Radfahren ist ebenso als sehr geeignet anzusehen. Es macht Spaß und kann sowohl in der Natur als auch, sollte jemand Probleme mit dem Gleichgewicht haben, auf einem Standfahrrad praktiziert werden. Ein wichtiger Punkt ist ein tiefer Einstieg. Die immer häufiger anzutreffenden E-Bikes können gerade von Endoprothesen-Patienten sinnvoll eingesetzt werden.

Wandern und (Nordic)-Walking bringen viele Vorteile mit sich. Kondition, Koordination und Muskelkraft werden verbessert. Der Knochenaufbau wird stärker gefördert als beim Schwimmen. Beim Nordic-Walking wird der Effekt durch das zusätzlich Training der Oberkörpermuskulatur verstärkt bei gleichzeitiger bis zu 30-prozentiger Entlastung der Gelenke der unteren Gliedmaße.  

Das Joggen ist wegen der höheren Gelenkbelastungen als beim Walking nur solchen Patienten zu gestatten, die bei niedrigem Körpergewicht gleichzeitig eine gute Beweglichkeit und eine sehr gute Gelenk-Muskulatur mitbringen.

Nach heutigem Kenntnisstand ist die sportliche Belastung nach Einsatz eines künstlichen Kniegelenkes problematischer anzusehen als nach Hüftprothesen-Operationen. Besonders die achsgeführten gekoppelten Knieprothesen sind an der Implantat-Knochengrenze gefährdet.

Grundsätzlich gilt: Zum Sporttreiben müssen die individuellen Voraussetzungen passen: Alter, Körpergewicht und ggf. Begleiterkrankungen sind zu berücksichtigen. Die Art der Prothese und deren Verankerung (zementiert, hybrid, unzementiert) muss in die Beurteilung ebenso einfließen wie mögliche sportliche Erfahrung. Die psychische Sportfähigkeit (Ehrgeiz, Risikobewusstsein) ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Eine fachärztliche Beratung vor Aufnahme einer sportlichen Betätigung ist ratsam.