Aktion "Alarmstufe Rot - Krankenhäuser in Not"

Katholische Krankenhäuser kritisieren Lauterbachs Reformgesetz

„Die langfristige Sicherung der stationären Gesundheitsversorgung in unserer Region ist aufgrund von Lauterbachs Reformvorschlägen in Gefahr.“ Das hat Diözesancaritasdirektor Dominique Hopfenzitz am 24. April 2024 in Münster betont. „Wir befürchten, dass der Bundesgesundheitsminister das Krankenhauswesen in Richtung wenige Großkrankenhäuser und Universitätskliniken umbauen möchte. Die weitreichenden Konsequenzen eines solchen Experiments müssen Patientinnen und Patienten sowie die Mitarbeitenden tragen“, so Hopfenzitz weiter. Darauf haben Geschäftsführungen katholischer Krankenhäuser im Bistum Münster mit dem Diözesancaritasverband am Rande eines Krankenhausforums aufmerksam gemacht.

Zum Foto: Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer sowie der Diözesancaritasverband kritisieren Lauterbachs Reformgesetz und fordern die Sicherung der stationären Gesundheitsversorgung in der Region. Unter ihnen Karl-Ferdinand von Fürstenberg, Geschäftsführer der pro homine (7.v.l.).
Foto: Carolin Kronenburg / Caritas für das Bistum Münster

Ihr Protest richtete sich vor allem gegen das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vorgelegte Krankenhausreformgesetz, das keine wirtschaftliche Entlastung für die Krankenhäuser vorsehe und Strukturprobleme im Gesundheitssystem sogar noch anheize. „Wo wir früher beispielsweise drei Fachärzte brauchten, müssen wir jetzt acht vorhalten – die weder da, geschweige denn refinanziert sind“, beklagte Dr. Nils Brüggemann von der St. Franziskus-Stiftung Münster. Lauterbach hatte den Ländern und der Öffentlichkeit während des Gesetzgebungsverfahrens mehrfach eine Auswirkungsanalyse für die Umstellung des Krankenhauswesens zugesagt, aber nie geliefert. Mathias Buckmann vom Prosper-Hospital Recklinghausen: „Nun wird die Reform quasi im Blindflug durchgedrückt, da der Gesetzentwurf eine Evaluation erst 2029 vorsieht.“

Zudem würden die weiterhin hohen Kostensteigerungen seit 2022 nur zu einem Bruchteil refinanziert, stellen die Krankenhausträger fest. „Für die vorangegangenen Jahre gibt es keinen Ausgleich und auch die Maßnahmen für 2024 reichen bei Weitem nicht aus, um die strukturelle Unterfinanzierung zu beseitigen“, betonte Karl-Ferdinand von Fürstenberg vom Marien-Hospital Wesel.

Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum absichern

Der Bundesgesundheitsminister hat im vergangenen Jahr angekündigt, mit der Vorhaltefinanzierung die Ökonomie aus dem Krankenhauswesen herauszunehmen und so die Krankenhäuser wirtschaftlich zu stärken. Die Ernüchterung folge aber mit Blick ins Gesetz, weil sich die Finanzierung weiterhin an Fallzahlen orientiert. „Bei der Reform des Finanzierungssystems brauchen wir ein Konzept, das nicht nur eine gigantische Bürokratie abbaut, sondern die Strukturkosten der Krankenhäuser tatsächlich unabhängig von der konkreten Patientenfallzahl finanziert und damit auch bedarfsnotwendige Kliniken im ländlichen Raum absichert“, forderte Frank Lohmann von den Christophorus-Kliniken Coesfeld. Die geplante Vorhaltefinanzierung sei „nachweislich völlig untauglich“.

Der Caritasverband für die Diözese Münster und die Geschäftsführungen der Krankenhäuser fordern, dass ihre Expertise endlich vom Minister Lauterbach berücksichtigt wird. Diözesancaritasdirektor Hopfenzitz: „Es geht letztlich um die langfristige Sicherung der stationären Gesundheitsversorgung in Deutschland und in unserer Region.“

Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich – die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto „Not sehen und handeln“ sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM – Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.

Quelle: Bistum Münster (cpm)

"Alarmstufe ROT": pro homine bei Protestkundgebung vor dem Landtag

„Alarmstufe ROT“: Die Krankenhäuser der pro homine, das Marien-Hospital Wesel und das St. Willibrord-Spital Emmerich, waren dabei, als die NRW-Krankenhäuser am Mittwoch, 20. September 2023, mit einer großen Kundgebung vor dem Düsseldorfer Landtag ein deutliches Signal an die Politik sendeten. Sie forderten einen ausreichenden Inflationsausgleich und eine vollständige Finanzierung der Tariflohnsteigerung 2024. Die Kundgebung begann um 11.55 Uhr, um deutlich zu machen: Es ist „fünf vor zwölf“.

Im Aufruf der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW)zur Demo  heißt es, bereits die nicht refinanzierten Kostensteigerungen durch die Inflation hätten die wirtschaftlichen Ergebnisse aller Krankenhäuser deutlich negativ beeinflusst. Mit den für 2024 beschlossenen Tarifsteigerungen rückten massive finanzielle Verluste bis hin zur Insolvenz für alle Krankenhäuser bedrohlich nahe, weil sich die Bundesregierung bislang weigere, dafür eine ausreichende Refinanzierung bereitzustellen.

„Bundesgesundheitsminister Lauterbach beklagt öffentlich die drohende Insolvenz vieler Krankenhäuser, die nur die Bundesregierung verhindern könnte. Stattdessen schiebt er die Verantwortung Ländern und Kommunen zu“, so die Krankenhausgesellschaft weiter. „Diese Flucht aus ihrer rechtlichen Verpflichtung können und wollen die NRW-Krankenhäuser der Ampel-Koalition nicht durchgehen lassen.“

HIER die Pressemitteilung der pro homine zur Kundgebung

Gegen wachsendes Defizit der Krankenhäuser und zunehmende Insolvenzgefahr

Die Krankenhäuser bleiben weiterhin auf dem größten Teil der seit Angang 2022 stark gestiegenen Kosten sitzen, weil sie bislang keinen ausreichenden Ausgleich für die anhaltende Inflation erhalten haben. Denn trotz der Zahlungen des Bundes aus dem Hilfspaket für indirekte Energiekosten wächst das Defizit der Krankenhäuser zunehmend. Ohne ein Gegensteuern der Bundesregierung wird dieses Defizit bis zum Jahresende 2023 bundesweit die Grenze von 10 Milliarden Euro überschreiten. Allein in NRW rutschen die Krankenhäuser so mit mehr als 2 Milliarden Euro ins Minus. Die Folge ist, dass für immer mehr Krankenhäuser das Szenario einer Insolvenz in bedrohliche Nähe rückt.

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Was ist Krankenhausplanung und was ändert sich?
Die Krankenhausplanung regelt die Verteilung von qualitativen und quantitativen Krankenhauskapazitäten im jeweiligen Bundesland. Sie mündet in einem Versorgungsauftrag für das einzelne Krankenhaus (Feststellungsbescheid). Dieser Leistungsrahmen ist erforderlich, um Krankenhausleistungen mit den Kostenträgern abzurechnen und Investitionsförderung durch die Länder zu erhalten.

Mit dem Krankenhausplan 2015 ist die Teilgebieteplanung in der Krankenhausplanung weggefallen. In der Folge wurden nur noch 15 medizinische Hauptgebiete beplant. Die angebotenen Leistungsbereiche der Krankenhäuser haben sich grundsätzlich in Folge qualitativ und quantitativ ausgeweitet. Einerseits führte dies zu einer höheren Auswahlentscheidung für Patientinnen und Patienten, andererseits hat der Wettbewerb u. a. um Patienten und medizinisches Fachpersonal erheblich zugenommen. Bundesgesetzgeber und Gemeinsamen Bundesausschusses haben allerdings statische Regelungen eingeführt, die einen qualitativen Mindeststandard garantieren sollen. In der Regel sind dies strukturelle und personelle Voraussetzungen, die den Wettbewerb um knappe Ressourcen weiter erhöhen.

Die Krankenhausplanung wird zukünftig erheblich kleingliedriger und komplexer erfolgen. Es werden in der Somatik beispielsweise 60 Leistungsgruppen eingeführt, auf die sich die Krankenhäuser bewerben können. Die Leistungsgruppen sind untereinander z.T. in Abhängigkeit und werden zudem auf unterschiedlichen Planungsebenen (Kreis, Versorgungsgebiet, Bezirksregierung, Landesteil) verhandelt. Krankenhäuser müssen hierfür definierte Mindestanforderungen nachweisen. Will man das Angebot weiter reduzieren kommen zu den Mindestan-forderungen noch zu erfüllende Auswahlkriterien. In sog. Regionale Planungskonferenzen werden die unterschiedlichen Versorgungsmodelle zwischen den Krankenhäusern und Kostenträgern verhandelt. Die Letztentscheidung liegt aber beim Land NRW.

Wie groß ist der Investitionsbedarf?
Die jahrzehntelange mangelhafte Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser durch das Land NRW hat gravierende Folgen für eine qualitätsgesicherte Krankenhausversorgung. Marode Infrastruktur schafft nicht nur unattraktive Ar-beitsplätze, sondern gefährdet vor allem die Patientensicherheit. Mittlerweile hat sich ein Inves-titionsstau in Höhe von 13,5 Mrd. € aufgetürmt. Um diesen nicht weiter anwachsen zu lassen, benötigen 2 die Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen laut RWI-Investitionsbarometer im Jahr über 1,8 Milliarden Euro. Zusätzlich wer-den durch die Krankenhausplanung ausgelösten Kapazitätsverschiebungen weitere Investitionen benötigt. Das RWI geht von 300.000 € pro Krankenhausbett aus. Die Verlegung eines kleinen Krankenhauses mit 150 Betten würde demnach Kosten in Höhe von 45 Mio. € auslösen. Die Einrichtung eines Landesstrukturfonds, der die Umsetzung des Krankenhausplans unterstützt, ist notwendig. Weitere Investitionsbedarfe für Digitalisierung und Klimaschutz nicht inbegriffen.

Alarmstufe ROT: pro homine unterstützte bundesweiten Aktionstag

In der pro homine engagierten sich viele Mitarbeitende, um dem Aktionstag "Alarmstofe ROT" die erforderliche Aufmerksamkeit zu verleihen.

  • Das sichtbarste Zeichen war von besonderer Strahlkraft: In der Dunkelheit wurden die Fassaden beider Krankenhäuser in rotes „Alarmlicht“ getaucht. So sollte auch optisch die Botschaft transportiert werden: Hier ist Gefahr in Verzug!
  • Über einen QR-Code ist es nach wie vor möglich, digital auf der Webseite der Krankenhausgesellschaft zu unterschreiben, um die Politik zum Handeln aufzufordern. Besucher:innen beider Krankenhäuser nutzten am Aktionstag die Gelegenheit, ihre Online-Unterschrift zu leisten. Vertreter von Geschäftsführung, Mitarbeitervertretungen und Pflegemanagement standen als Ansprechpartner zur Verfügung. Zum Gespräch gab es – passend zum Aktionsmotto – Donuts mit roter Glasur.
  • Der Krankenhaus-Zweckverband Niederrhein richtete in Wesel ein Pressegespräch aus, an dem Geschäftführer rechts- und linksrheinischer Kliniken teilnahmen. HIER eine Mitteilung dazu

„Hoffen auf ein wirksames Signal“

„Eine nachhaltige Krankenhausfinanzierung ist im Interesse sowohl der Mitarbeitenden als auch der Patienten“, unterstreicht Karl-Ferdinand von Fürstenberg, Geschäftsführer der pro homine. „Deshalb haben wir am 20. Juni auf ,Alarmstufe Rot‘ geschaltet und hoffen, dass wir alle gemeinsam ein starkes und wirksames Signal an die Politik ausgesendet haben.“