Vitamin- und Nährstoffmangel bei Magenkrebs

Vitamin- und Nährstoffmangel bei Magenkrebs

Der Magen ist ein Zwischenspeicher für aufgenommene Nahrung, sorgt durch muskuläre Bewegung und eine Produktion von Sekreten und Enzymen für eine Vorverdauung und gibt schrittweise die Nahrung an den Dünndarm weiter. In den letzten Jahren ist eine Zunahme der Krebserkrankungen am Übergang von der Speiseröhre in den Magen zu verzeichnen, während Krebserkrankungen im Magen selbst rückläufig sind.

Eine Krebserkrankung kann die Funktionen des Magens erheblich beeinträchtigen. Zum Einen kann die Nahrungspassage durch ein Krebsgeschwulst gestört werden. Zum Anderen kann Magenkrebs zu Metastasen in nahe gelegene Lymphknoten und andere Organe führen, was den gesamten Verdauungstrakt beeinträchtigen kann. Je ausgedehnter der Tumorbefall ist, desto eher ist auch mit einem Vitamin- und Nährstoffmangel zu rechnen.

Viele Patienten mit Magenkrebs leiden an vermindertem Appetit. Ein Gewichtsverlust droht. Begleitende Therapien (wie z.B. Chemo- und/oder Strahlentherapie) erschweren zusätzlich eine ausreichende Versorgung mit Kalorien. Auch nach ausgedehnten Operationen, wie z.B. einer operativen Magenentfernung, fällt es Patienten schwer, die Ernährung an die Veränderungen im Verdauungstrakt (z.B. fehlende Reservoirfunktion des Magens) anzupassen.

Wichtig ist es, eine Mangelernährung bei Betroffenen frühzeitig zu erkennen und dieser mittels ausgewogener und vollwertiger Ernährung vorzubeugen. Die Erkennung einer Mangelernährung sollte durch Screeningverfahren und/oder durch gezielte ernährungsmedizinische Untersuchungen erfolgen. Bei Mangelernährung ist die Lebensqualität und die Widerstandskraft gegen die Krebserkrankung verringert. Eine gezielte Ernährungstherapie, z.B. die Hinzunahme von hochkalorischer Trinknahrung zur sonstigen Ernährung, kann erforderlich sein. Ist die Ernährung über den normalen Weg nicht möglich oder unzureichend, so kann eine parenterale Ernährung, d.h. die Nährstoffgabe per Infusion über eine Vene, sinnvoll sein.

Wenn keine Mangelerscheinungen nachweisbar sind, so ist z.B. eine zusätzliche Substitution von einzelnen Spurenelementen oder Vitaminen nicht erforderlich. Patienten können also auf die Einnahme  z.B. von Vitaminpräparaten, in aller Regel verzichten. Auch eine hochdosierte Gabe von Antioxidanzien, z.B. unter Chemotherapie, kann nicht empfohlen werden.

Nach einer operativen Magenentfernung sind hoher Gewichtsverlust und Mangelernährung häufige Probleme. Eine ernährungstherapeutische Beratung nach einer Operation ist die Basis zur Verhinderung von Mangelerscheinungen. Es erfolgt ein stufenweiser Kostaufbau. Wichtig ist u.a. die Einnahme vieler kleiner, statt weniger großer Mahlzeiten, ein gründliches Kauen der Nahrung, die Beachtung von Hygienergeln bei der Essenzusbereitung und die Meidung größerer Mengen bestimmter, z.B. blähender Lebensmittel.  Nach einer Anpassungsphase stabilisiert sich i.d.R. das Gewicht. Bei weiß-grauer Färbung des Stuhls ist an eine gestörte Fettverdauung zu denken, die durch eine nicht ausreichende Vermischung des Nahrungsbreis mit Sekreten der Bauchspeicheldrüse bedingt ist. Entsprechende Maßnahmen sollten mit behandelnden Ärzten und Ernährungsberatern besprochen werden. Nach einer Magenentfernung ist eine ausreichende Aufnahme von Vitamin B12 nicht mehr möglich. Vitamin B12 wird u.a. für die Blutbildung und für eine regelrechte Funktion von Nervenzellen benötigt. Betroffene sollten regemäßig Vitamin B12-Spritzen erhalten.  Bei Patienten mit Magenkrebs mit oder ohne Magenentfernung sollten die Eisenspeicher im Rahmen einer einfachen Blutanalyse kontrolliert werden. Bei manifestem Eisenmangel ist eine Eisensubstitution sinnvoll. Auch wenn der Nutzen einer Vitamin D-Substitution noch nicht als bewiesen gilt, so erscheint diese aufgrund möglicher Vorteile auf eine Krebserkrankung und auch für die Knochengesundheit zumindest erwägenswert.

Magenkrebspatienten benötigen eine individuelle Betreuung und Beratung durch Ernährungsfachleute und Ärzte, um Mangelerscheinungen zu erkennen, vorzubeugen und bei Bedarf zu behandeln.

Empfehlungsgrundlage für die Ernährung bei Krebserkrankungen ist u.a. die S3-Leitlinie der Dt. Gesellschaft für Ernährungsmedizin „Klinische Ernährung in der Onkologie“, in der aktuellen Fassung von 2015. Weiterführende Informationen erhalten Betroffen u.a. über den Krebsinformationsdienst am Deutschen Krebsforschungszentrum, www.krebsinformationsdienst.de, 0800–420 30 40 oder krebsinformationsdienst(at)dkfz.de.

Autor: Prof. Dr. Henning Schulze-Bergklamen, Wesel, 2019